2017 - 2021
(EN)
MASTERING the ELEMENTS is a photographic research on the scientific exploration and eventual conquest of nature from the beginnings of alchemy until the present day.
The ambiguity of the title of the series hints at a changing perspective towards our natural environment. While the alchemists’ transdisciplinary view on the world strived for a deep UNDERSTANDING of nature’s inner workings, the 18th century saw a transition towards reductionist, fragmented and increasingly abstract natural sciences, seeking DOMINANCE over nature’s bounty.
In her work Jana Hartmann addresses various topics that have captivated the curiosity of researchers throughout history and in which the borders of scientific understanding continue to be pushed ever further. Examples being the concept of matter which today is advanced by quantum physics or the pursuit of prolonging human life, reenergized by discoveries in the fields of biogerontology and transhumanism.
Juxtaposing the alchemical approach with modern scientific practice exposes various issues associated to today's prevailing understanding of nature. It reminds us on the historical narrative of nature in which all natural elements were active partners – interrelated and dependent on each other – rather than passive ressources/objects. Furthermore, it also emphasizes that ethical considerations are of continued – in fact ever growing – relevance in natural sciences. While evaluation of and accountability for the potential consequences of their individual research was at the core of alchemic practice, this has since been socialized and transferred out of the scientific community – thereby urgently necessitating a broader social discourse about the direction and objectives of modern-day research. History is abundant with scientific findings that had a profound impact on society and the lives of individuals. Hence it is also imperative to acknowledge that the underlying research is not intrinsically unbiased but subject to its respective social and historical environment as well as to varying commercial and political interests.
MASTERING the ELEMENTS has been conceived and developed through an animated exchange with natural scientists, historians and philosophers.
The selectively framed photographs were taken from scientific experiments in laboratories, natural history exhibits, studio models, and nature itself. By complementing them with excerpts from
alchemical writings, scientific papers, and ethical viewpoints, an intriguing cross-disciplinary dialogue between multiple narrational perspectives – the visual artistic, the allegorical
alchemistic, the philosophical, and the scientific – is initiated.
(DE)
MASTERING the ELEMENTS ist eine fotografische Recherche zur wissenschaftlichen Erforschung und Eroberung der Natur von den Anfängen der Alchemie bis zur Gegenwart. Angesichts komplexer, existenzieller Zukunftsrisiken sind wir heute mehr denn je auf die Autorität wissenschaftlich fundierter Lösungsansätze angewiesen. Gleichzeitig ist eine zunehmende Glaubwürdigkeitskrise der Wissenschaften zu beobachten.
Ausgerechnet die Auseinandersetzung mit der Alchemie - so scheint es der Künstlerin - kann wichtige Impulse für einen Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft liefern und neue Perspektiven auf die Wissenschaft eröffnen.
Der Werkgruppentitel ist durchaus mehrdeutig zu verstehen und spielt auf unser gewandeltes Verhältnis zur natürlichen Umwelt an. Während die Alchemisten um ein tiefes VERSTÄNDNIS der Naturzusammenhänge bemüht waren, mit dem Ziel diese - im Sinne der Natur - weiter zu perfektionieren, vollzog sich im 18. Jahrhundert ein Übergang zu den reduktionistischen und zunehmend abstrakten Naturwissenschaften, welche mittels ihrer Forschungen vornehmlich die BEHERRSCHUNG der Naturelemente anstreben.
Die Alchemie als ursprüngliche Inspirationsquelle für diese künstlerische Arbeit stellt den Bezugsrahmen dar, aus dem heraus die Künstlerin Verbindungen zu den zeitgenössischen Naturwissenschaften herstellt. Ausgehend von dem alchemistischen Konzept des „Stein der Weisen“ fokussiert sich Jana Hartmann in ihrer Arbeit auf Themen, welche die Neugierde der Forscher über Jahrhunderte geweckt haben und bei denen die Grenzen des wissenschaftlichen Verständnisses immer weiter verschoben werden. Beispiele dafür sind die Erforschung der Materie, welche heute durch die Quantenphysik weiterentwickelt wird, oder das Streben nach Verlängerung des menschlichen Lebens, das durch die neuen Erkenntnisse im Bereich der Biogerontologie und des Transhumanismus neuen Auftrieb erhält.
Wie die Geschichte zeigt, haben wissenschaftliche Erkenntnisse oft tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesellschaft und das Leben des Einzelnen. Andererseits ist die zugrundeliegende Forschung nicht per se unvoreingenommen, sondern wird wiederum von ihrem jeweiligen sozialen und kulturellen Umfeld sowie unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Interessen beeinflusst. Folglich sollten ethische Fragen nicht nur zur Ausrichtung und den Zielen moderner Forschung, sondern auch zu möglichen Grenzen der Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse, Teil eines breiteren gesellschaftlichen Diskurses sein. Dazu bedarf es einer informierten und naturwissenschaftlich gebildeten Allgemeinheit.
Insbesondere für unsere heutige Gesellschaft scheint zudem die Tatsache von besonderer Relevanz, dass Forschung von jeher nur durch die kontinuierliche und zumeist kontroverse Auseinandersetzung verschiedener Standpunkte vorangetrieben werden konnte - auf der Suche nach d e r „Wahrheit“, welche aber nie endgültig und mit Gewissheit erreicht werden kann. Bei der Erkenntnissuche sind Irrtümer eine wichtige Quelle für neue Einsichten und damit kein Makel, sondern Teil des wissenschaftlichen Prozesses.
Die Künstlerin fotografierte für diese Arbeit wissenschaftliche Experimente, naturkundliche Exponate, Studiomodelle und die Natur selbst. Sowohl in ihren Ausstellungen als auch in der dazu erschienenen gleichnamigen Publikation, kontextualisiert sie ihre fotografischen Arbeiten mittels Einbindung von Recherchematerial, u.a. Auszügen aus alchemistischen Schriften, wissenschaftlichen Berichten und philosophisch-ethischen Standpunkten. Damit initiiert sie einen spannenden interdisziplinären Dialog zwischen mehreren Erzählperspektiven - der künstlerischen, der allegorisch alchemistischen, der philosophischen und der wissenschaftlichen. Ihre bewusst eher abstrakt gehaltenen Motive sollen Freiraum für individuelle Interpretationen und Assoziationen lassen, Neugierde wecken und vor allem neue Perspektiven auf die wissenschaftliche Erforschung der Natur ermöglichen.